30.06.2021

"Wir haben es uns verdient!"

Und wieder ein Abitur unter den Vorzeichen von Corona. Aber es war möglich: Am 26. Juni wurden die AbiturientInnen des Gymnasiums der Mariannhiller Missionare (Maria Veen) in Reken feierlich verabschiedet.

Ein zweites Jahr, in dem die Pandemie maßgeblich das Abitur beeinflusst. Den Unterricht und die Abiturprüfungen, aber noch mehr die Aktionen außerhalb des Unterrichts. So auch am Gymnasium der Mariannhiller Missionare in Maria Veen. Von Partys konnte im letzten Jahr keine Rede sein, und eine Mottowoche konnte in der letzten Unterrichtswoche der AbiturientInnen nur ganz eingeschränkt stattfinden.

Dank der allgemeinen Lockerungen war am vergangenen Samstag (26. Juni) eine feierliche Verabschiedung des Abschlussjahrgangs möglich. Große Unterstützung hatte die Schule bei der Gemeinde Reken gefunden, die wie im letzten Jahr die Dreifachturnhalle neben dem Rathaus zur Verfügung gestellt hatte. Also fanden sich am vergangenen Samstagvormittag 74 SchülerInnen des Gymnasiums ein, um – unter den üblichen Hygieneauflagen – zusammen mit ihren Eltern und den LehrerInnen der Schule diesen Tag und sich selbst würdig zu feiern.

 

Den feierlichen Auftakt setzte der Schulseelsorger Pater Thomas Winzenhörlein mit einem Gottesdienst, in dem das „Seesturm"-Wunder (Mk 4,35-41) im Zentrum stand. Abiturientin Louisa Meis griff das maritime Motiv auf und verknüpfte es bei einem Rückblick auf die Schulzeit mit mathematisch gefärbter Metaphorik – mit dem Blick auf Hoch- und Tiefpunkte sowie Wendestellen der vergangenen Jahre. Bei der einschneidenden Erfahrung der Corona-Pandemie hätten viele „gelernt, kleinere Dinge zu schätzen". Ihre individuellen „besonders berührenden" Erinnerungen konnten nun die SchülerInnen auf kleinen Papierschiffchen verewigen.

Pater Thomas deutete in seiner Predigt die „Seesturm"-Geschichte als „Übergangsgeschichte", bei der die Jünger von ihren Herkunftsorten in eine neue Zukunft aufbrechen. Der Seelsorger bezog auch direkt die Eltern der AbiturientInnen ein und ihren gespannten und auch sorgenvollen Blick auf die Zukunft ihrer Kinder. Den SchülerInnen und Schülern sprach Pater Thomas Mut zu, Vertrauen zu entwickeln in die eigenen Fähigkeiten, in Menschen, denen man begegnet, aber auch „in Gott, der euch anbietet, auch mit euch unterwegs zu sein."

Im Anschluss an den Gottesdienst eröffnete der Rekener Bürgermeister Manuel Deitert den Reigen der FestrednerInnen. Er griff das launige Motto der AbiturientInnen auf: „Sperrzone – die Schule war öfter dicht als wir". Deitert erinnerte an „mehr als ein Jahr Krisenerfahrung", das alle herausgefordert und ihnen gezeigt habe, wie wichtig Mitmenschen und Freunde seien. Besonders den AbiturientInnen habe diese Zeit viel abverlangt: „Sagen Sie in Zukunft nur ‚Coronajahrgang', dann weiß der Gegenüber ‚der hat was geleistet'! Den SchülerInnen gab er als Wünsche mit auf den Weg, offen für das Leben zu sein, viele schöne Erfahrungen zu machen – und „dass Sie das Wort ‚dicht" so oft nicht mehr hören werden", so fügte er augenzwinkernd hinzu.

Pater Hubert Wendl richtete für den Schulträger, die Mariannhiller Missionare, das Wort an den Abschlussjahrgang. „Schule dicht" - so habe es in den vergangenen anderthalb Jahren mehrmals geheißen, und das nur wegen einer „klitzekleinen Kugel mit Stacheln". Pater Hubert erinnerte sich, man habe sich in der Schule wegen der Masken oft „wie Zorros gegenübergestanden." „Wir haben gelernt, in den Augen des Gegenübers zu lesen", so beschrieb er beispielhaft die Folgen der Einschränkungen für den Schulalltag. Er dankte den scheidenden SchülerInnen, dass sie ein wichtiger Teil der Schulgemeinschaft waren „und sind". „Habt keine Angst vor der Zukunft! Geht – mit Maske, Abstand und vor allem Mut."

Schulleiterin Sigrid Kliem zeigte sich beeindruckt, wie sehr sich jede und jeder einzelne des Abiturjahrgangs zu starken Persönlichkeiten weiterentwickelt hätte. Kreativität, Selbstorganisation, Durchhaltevermögen, Umgang mit Frustration, Rücksichtnahme und kollektives Handeln für Benachteiligte – die Schülerinnen hätten gerade durch die Erfahrungen der letzten Zeit viele Fähigkeiten und Fertigkeiten gestärkt. Die von Corona geprägte Zeit habe den Blick auf die Dinge verändert, so Frau Kliem. Anhand einer Zeichnung, bei der je nach Blickwinkel eine andere Figur sichtbar wird, stellte die Schulleiterin die Bedeutung eines „Perspektivwechsels", um dem Gegenüber gerecht zu werden, heraus. „Und ihr wisst, was es heißt, auf andere Rücksicht zu nehmen", so hob Sigrid Kliem die sozialen Leistungen der AbiturientInnen hervor. Sogar am „Chaos-Tag" habe die Stufe mit tollen Projekten die LehrerInnen und die MitschülerInnen begeistert.

Sophia Elsweier und Raimund Elfering, die Stufenleitung der AbiturientInnen, blickten anschließend im Wechselgespräch und mit vielen Wortspielen und Anspielungen auf „ihre" Stufe zurück. Wie die SchülerInnen nach der etwas holprigen Anfangszeit trotz oder auch wegen „Corona" zu einer charakterstarken Stufe zusammengewachsen seien, die diskussionsfreudig, hartnäckig und konstruktiv ihre Ziele verfolgt habe, dies habe die beiden Lehrkräfte begeistert: „Es war uns ein Fest, euch zu begleiten, euch wachsen zu sehen, zu sehen, wie ihr erwachsen werdet!"

Nun war es aber höchste Zeit, dass die Stufe sich selbst zu Wort meldete: Schülersprecherin Paulina Berndt fand klare Worte für die vergangene Schulzeit. Mit den Einschnitten durch die Corona-Pandemie hätte die Stufe schwer zu kämpfen gehabt: „Auch wenn viele von uns es sich vorher nicht vorstellen konnten – aber es ist der blanke Horror, nicht in die Schule gehen zu können." Aber zum Glück sei eine Abschlussfeier nach den Ungewissheiten der letzten Monate, nach all dem Stress, nach dem Hoffen und Bangen doch noch möglich gewesen: „Und: Wir haben es uns verdient! Wirklich verdient!" Dann erinnerte die Schülersprecherin an die Anfangszeit am Gymnasium, als „wir noch klein, süß und niedlich waren" und mit viel Neugier, aber auch Ängsten an die neue Schule gekommen seien. Auch in der Oberstufe sei der Anfang schwierig gewesen – aber nun sei die Stufe „so sehr zusammengewachsen, dass es weh tut, uns wieder zu trennen." Am wichtigsten, so die Schülersprecherin, seien nicht Erfolg, sondern Freundschaft, „wer für dich da ist, bei wem du dich wohl fühlst". Mit Blick auf die intensive gemeinsame Zeit schloss Paulina Berndt mit einem Zitat des römischen Dichters Martial: „Das Leben ist ein ewiger Abschied. Wer aber von seinen Erinnerungen genießen kann, lebt zweimal."

 

Im Anschluss konnten die SchülerInnen schließlich die amtliche Bestätigung ihrer erfolgreichen Schullaufbahn entgegennehmen. Die Schulleiterin und die Stufenleitung überreichten den 74 AbiturientInnen ihre Reifezeugnisse. Die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen: 23 SchülerInnen haben mit einer „Eins vor dem Komma" abgeschlossen, dabei gab es sogar dreimal die Bestnote 1,0 (Paulina Berndt, Henning Schmidt und Chiara Dehling). Die Schulgemeinschaft des Gymnasiums der Mariannhiller Missionare ist stolz auf alle AbiturientInnen. Sie haben unter unvergleichlichen Bedingungen viel Entschlossenheit und „Kämpferherz" bewiesen!

 

Am Abend erlaubten die gelockerten Bedingungen sogar einen kleinen „Abi-Ball" in der Westmünsterlandhalle in Heiden. Es wurde ein stimmungsvoller und versöhnlicher Abschluss der turbulenten Oberstufenzeit. Man merkte deutlich die Freude aller Gäste, endlich wieder miteinander feiern zu können – spätestens, nachdem die Stufenleitung, also Sophia Elsweier und Raimund Elfering, den Tanz elegant eröffnet hatten. Natürlich gab es auch viele persönliche und kreative Abschiedsgeschenke für die ehemaligen LK-LehrerInnen und für die Stufenleitung. Ein paar herausragende Beispiele: Herr Küper erhielt von seinem Leistungskurs Biologie ein besonderes Geschenk: Er darf demnächst aus nächster Nähe die Metamorphose des Nutzviehs zu einem fachgerecht formatierten Nahrungsmittel begleiten. Währenddessen wird wohl Herr Schotte immer noch vor einem Safe – auch ein Geschenk – sitzen, dessen Schlüssel innen auf ihn wartet. Geschenke, Feier und die Gespräche über Zukunft und Vergangenheit sorgten am Abend für viele Abschieds- und Freudentränen.

Ende gut – alles gut. Ihr habt es euch verdient!


zum News-Archiv